Bilderrätsel am Sonntag (März 2025)
Zeit für ein neuen Bilderrätsel. Wer erkennt den Standort der historischen Aufnahme? Die Auflösung mit weiteren Bildern (Galerie) folgt weiter unten:
Auflösung:
Das heutige Rätselbild zeigt das Geschäfts-und Wohnhaus Sandstraße 14/Ecke Müllerstraße. Die Aufnahme ist aus den 1940er Jahren und zeigt den Hausbesitzer und Lebensmittelhändler Alex Strohscher mit Ehefrau und Verkäuferinnen.
Die Bebauung und Anlegung der Sandstraße begann bereits um 1849. Die Bebauung verlief von der westlichen Einfahrt an der Zollstraße über die nächsten Jahre weiter nach Osten bis zur Müllerstraße. Im Januar 1866 kaufte der Töpfermeister Friedrich Wilhelm Wasilowsky von der „40er Societaet“ (diese Bürgerschaft wurde 1840 gegründet; eine Bürgerschaft ist der Zusammenschluss von Bürgern, die Eigentümer einer bestimmten Flur bzw. eines Grundstückes sind, um dieses gemeinsam zu verwalten oder auch zu veräußern) das Eckgrundstück Sandstraße (Nr. 54) und Müllerstraße, um hier ein Töpferetablissement zu errichten. Das Gebäude mit Töpferwerkstatt und Brennofen wurde an der Müllerstraße sowie ein Stallgebäude auf dem hinteren Grundstück gebaut. Für alle Bauausführungen war der Maurermeister Deutsch zuständig. 1870 bekam das Werkstattgebäude einen weiteren Anbau durch den Zimmermeister Peters und Maurermeister Deutsch. 1876 ließ Friedrich Wasilowsky ein 3geschossiges Wohnhaus an der Sandstraße sowie ein weiteres Stallgebäude vom Maurermeister A. Voss und Zimmermeister Genentz errichten. 1880 starb der Töpfermeister und Hausbesitzer im Alter von 41 Jahren.
Die Töpfermeister-Witwe Mathilde Wasilowsky, geb. Ahrens, war nun Besitzerin der Sandstraße 14. 1888 heiratete die Witwe den Bauarbeiter Julius Jahn. Um 1892 bekam das Grundstück die Nr. 14 und der Ehemann Julius Jahn war ab dieser Zeit Hausbesitzer. 1908 ließ Herr Jahn auf dem Hof einen Anbau mit 6 Spülklosetts vom Bauunternehmer Carl Borcherts (Joh.-Runge-Str. 26) errichten. Danach wurde die Grundstücks-Entwässerungsanlage vom Installateur Paul Krüger (Joh.-Runge-Str. 17) an die städt. Kanalisation angeschlossen. Sohn Hermann Wasilowski wohnte mit im Hause und war hier als Töpfermeister tätig. Seine beiden Brüder Carl und Oskar wohnten zeitweise ebenfalls hier. Weitere 11 Mieter waren zu diesem Zeitpunkt gemeldet.
Im Jahre 1909 wurde noch eine zusätzliche Wohnung im Anbau zwischen Werkstatt und Wohnhaus errichtet. Im selben Jahr starb Julius Franz Jahn 53jährig. Die jetzige Witwe Mathilde Jahn war wieder alleinige Besitzerin und zu ihrer Unterstützung zog der Sohn Fabrikarbeiter Oskar Wasilowsky mit ins Haus ein. Sie verstarb im März 1926 im Alter von 81 Jahren.
Wegen Uneinigkeit der Erbengemeinschaft übernahm der Rechtsagent Kurt Fleischer (Moltkestr. 21) die Verwaltung des Hauses. 1927 kaufte der Arbeiter Alex Strohscher das Grundstück. Anfang 1928 begannen mehrere Umbauarbeiten durch Maurermeister H. Löther (Joh.-Runge-Str. 10). Im Wohnhaus an der Ecke wurde ein Laden für Kolonialwaren eingerichtet und im alten Lehmofengebäude wurden Wohnräume gebaut. Beim Umbau des Ladens wurde die Eingangstür verändert, die Ecke gebrochen und in die abgestumpfte Wand verlegt sowie 3 Schaufenster eingebaut. 1931 ließ A. Strohscher auf dem Hof eine Autogarage vom Maurer- und Zimmermeister Otto Leichert (Wahrenberger Str. 128) errichten. 1938 ließ der Händler für sein Geschäftslokal ein Aussteckschild von Hermann Schaub (Bäckerstr. 24) anfertigen und anbringen. Ein Jahr später wurde im Auftrag von Minna Strohscher ein Zigaretten-Verkaufsautomat am Geschäft angebracht.
1939 wurde vom Lebensmittelhändler Strohscher ein größeres Bauvorhaben beantragt. Das Gebäude war teilweise baufällig und sollte zu Wohnungen für die Gefolgschaftsmitglieder der Norddeutschen Maschinenfabrik umgebaut werden. Der Neubau geriet aber ins Stocken, wegen Materialsparmaßnahmen für sämtliche Gewerke. Daraufhin erfolgte ein reger Schriftverkehr zwischen Arbeitsamt Pritzwalk, Rat der Stadt, Norddeutsche Maschinenfabrik und Reichsministerium der Luftfahrt u. Luftwaffe. Durch den Reichsminister der Luftfahrt und dem Reichsarbeitsminister wurde veranlasst, dass das Bauvorhaben beschleunigt durchgeführt wird. Im Februar 1940 bescheinigte auch der Oberbürgermeister, dass es sich bei dem Neubau um ein wehrmachtpolitisches Bauvorhaben handelt, da die Wohnungen der Unterbringung der Gefolgschaft eines Wehrmachtbetriebes dienen sollten.
Ab 1940 war Alex Strohscher der einzige zugelassene Händler, der einmal wöchentlich im Kriegsgefangenenlager an der Bad Wilsnacker Landstraße Waren des täglichen Lebens, vor allem Zigaretten, verkaufte.
Nach dem Krieg führte Minna Strohscher das Lebensmittelgeschäft noch einige Zeit weiter. Später wurde es vom KONSUM übernommen. 1968 verzichtete das Rentnerpaar Strohscher auf ihr Eigentum Sandstraße 14. Durch den VEB Gebäudewirtschaft wurde das Mietshaus mit 8 Wohnungen und ein Laden übernommen. 2005 wurde das Grundstück im Rahmen des Bund-Land-Programm Stadtumbau-Ost zurückgebaut. Die Abbrucharbeiten waren Anfang 2006 beendet. Seitdem sieht man nur noch eine Grundstücksmauer an der Ecke Sand-und Müllerstraße.
Fotoserien
Bilderrätsel am Sonntag (März 2025) I Bilder: Stadtarchiv Wittenberge (FR, 28. Februar 2025)
