Bilderrätsel am Sonntag
Zeit für ein neues Bilderrätsel. Wer erkennt den Standort der historischen Aufnahme? Die Auflösung folgt weiter unten mit zusätzlichen Bildern in der Galerie.
Auflösung:
Heute war’s bestimmt wieder einfacher (oder doch nicht?), da das Rätsel-Haus an einer Hauptverkehrsstraße (Magistrale) unserer Stadt steht – nämlich in der Lenzener Straße 10. Das Bild stammt aus der Zeit um 1918, als das Haus dem ehem. Gas- u. Wasserwerksdirektor Ludwig Balluf gehörte. Am Giebel links sind seine Ehefrau sowie der jüngere Sohn Helmut und Tochter Margarete zu sehen.
Das Wohnhaus Lenzener Straße 10 wurde auf der rechten Seite eines größeren Gartengrundstücks errichtet. Bauherr war der Kaufmann Albert Winkelmann, Besitzer des Modekaufhauses A. Winkelmann an der Ecke Bahnstraße 9/Bäckerstraße. Für die Ausführung des Wohnhausneubaus war die Fa. Civilingenieur Gustav Appel (Lenzener Str. 76) zuständig. 1897 ließ A. Winkelmann noch ein großes Stallgebäude mit Wagenremise, Pferdestall, Geschirrkammer und Federviehstall vom Bauunternehmer Wilhelm Wöltinger (Moltkestr. 21) errichten. Im Juni 1906 wurden Karl Winkelmann Grundstücksbesitzer der Lenzener Str. 10 und Albert Winkelmann der Environs 8 (später Wahrenberger Str. 43). Ende 1906 wurde die Grundstücksentwässerung Lenzener Str. 10 an die städt. Kanalisation angeschlossen. Die Anschlussarbeiten wurden vom Schlossermeister Otto Ehrich (Schützenstr. 37) ausgeführt. 1909 starb Albert Winkelmann und Karl war nun alleiniger Inhaber des Modehauses.
1913 bekam sein linkes Gartengrundstück die Nr. 9. In dieser Zeit wohnte auch der jetzige Pensionär Hermann Tietze in seinem Haus Nr. 10. Während des 1. Weltkriegs wurde der Direktor der städt. Gas- und Wasserwerke Ludwig Balluf neuer Hausbesitzer und Karl Winkelmann wohnte in der Bahnstraße 8 neben seinem Kaufhaus.
Wer war Ludwig Balluf? Im Mai 1903 wurde vom Magistrat der Stadt Wittenberge die Stelle eines Gasanstalts-Ingenieurs neu ausgeschrieben. Daraufhin kamen 69 Bewerbungen aus ganz Deutschland. Im September erhielt Ludwig Balluf den Zuschlag als neuer Betriebs-Ingenieur der städt. Gas- und Wasserwerke in Wittenberge, er hatte bereits vorher leitende Posten in den Stadtwerken in Freiberg/Sachsen und Holzminden. Zum 1.4.1904 wurde er vom Magistrat zum Gasanstaltsdirektor gewählt. Ludwig Balluf kam mit seiner Ehefrau Frieda und dem 1903 in Holzminden geborenen Sohn Hans Werner nach Wittenberge und sie wohnten in der damaligen Schützenstraße 24 am Gaswerk. In Wittenberge wurden 1906 Sohn Helmut Oswald und 1911 Tochter Margarete geboren. Ab 1911 wohnte die Familie Balluf in der Villa Perleberger Straße 31 und später dann in der Lenzener Str. 10.
Am 30.5.1924 verstarb der 52jährige Direktor Ludwig Balluf nach zweijähriger Krankheit. Noch am gleichen Tag (!) wurden vom Wittenberger Magistrat bei der Kanzlei der Provinzialverwaltung von Brandenburg die Hinterbliebenenbezüge für die Witwe beantragt. Von der Kanzlei wurden die Versorgungsbezüge für die Witwe Frieda Balluf auf jährlich 3942 Mark Witwengeld, 789 Mark Waisengeld und 240 Mark Kinderhilfe festgesetzt. Die Witwe war nun auch Besitzerin des Hausgrundstücks Lenzener Str. 10. Die Tochter war noch bis 1930 Schülerin im Friedrich-Ebert-Reformrealgymnasium (Rathausschule) und danach bis 1933 zur Ausbildung in einer Privat-Haushaltsschule in Berlin. Der Sohn Helmut war ab 1924 Lehrling in der Gasmesser- u. Gasapparatefabrik Berlin. Beide Kinder blieben nach der Ausbildung in Berlin. Nur der als Buchdrucker tätige ältere Sohn Hans blieb in Wittenberge. 1929 stimmte die Witwe Frieda Balluf zur Veränderung der Grenzen zum Grundstück Nr. 9 zu, damit der Besitzer Ingenieur Walter Heintz (Perleberger Str. 96) sein Wohnhaus hier bauen konnte. Ende 1946 starb die 73jährige Frieda Balluf. Die ganzen Jahre wohnte sie allein mit ihrem Sohn Hans in dem Haus, welches vom Fleischermeister Erich Moese (Wahrenberger Str. 131) übernommen wurde.
Bereits im Frühjahr beantragte er für die Lenzener Str. 10 die Errichtung eines Fleischverkaufsladens und Arbeitsraumanbaus. 1949 musste der Viehstall wegen dem Ablieferungs-Soll für 2 weitere Rinder und ein Pferd vergrößert werden. Nach dem Tod des Fleischermeisters wohnte die Witwe Elise Moese noch einige Jahre hier bis sie 1966 nach Hamburg zog. In DDR-Zeiten wurde das Fleischerei-Geschäft weiter vom KONSUM geführt. In den 1960er Jahren wurde Familie Bahlke Hausbesitzer. Durch Herrn Bahlke wurde Ende der 1960er Jahre die Hausveranda am linken Giebel umgebaut und saniert. Das Geschäft an der rechten Seite steht schon seit vielen Jahren leer. Letztmalig war hier 2015 ein Kiosk-Laden, von dem noch über dem Eingang „Alter Fleischer“ steht.
Fotoserien
Bilderrätsel am Sonntag (Januar 2025) (FR, 03. Januar 2025)